Dirk Gerdes (2005):
(Un)zeitgemäße Betrachtungen zum Reformkonzept der
Regionalen Pädagogischen Zentren der 70er Jahre
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I. Von den Grenzen der Output-Steuerung
"Pauken und Auswendiglernen haben ... einen entscheidenden Nachteil, nämlich dass sie eine Variante des motorischen Lernens darstellen und nicht des semantischen, d.h. des inhaltlich bedeutsamen Lernens. (...) Am wichtigsten ist also das Gegenteil von Pauken, nämlich das selbständige Durchdringen des Stoffes. (...) Expertenwissen kann man sich anpauken, klug wird man nur durch hochgradige Vernetzung des eigenen Wissens."
Der Neurobiologe Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth in seinem Vortrag auf der XI. Schortenser Schulmanagementtagung 2003
Die oldenburgisch-ostfriesische Vorbereitungsgruppe der inzwischen schon zur Tradition gewordenen Schortenser Schulmanagementtagungen hatte mit der Einladung des international renommierten Neurobiologen Gerhard Roth zur XI. Tagung 2003 erstmals einen pädagogischen "Seiteneinsteiger" als Hauptreferenten eingeladen. Anlass waren der PISA-Schock und die von der Gruppe erwarteten, im Planungsvorlauf aber erst in Ansätzen erkennbaren Reaktionen der staatlichen Bildungspolitik. Danach war zu befürchten, dass vor allem die Ergebnisqualität deutscher Schulen durch rigorose Standardisierung und Überprüfung der messbaren Anteile von Lernergebnissen, durch Ausweitung zentraler Vergleichsarbeiten, durch Rankings und durch zunehmenden Inspektionsdruck gesteigert werden sollte, weniger die Prozessqualität - dies zum Beispiel durch die gezielte Verbesserung der im internationalen Vergleich inzwischen als zentral erkannten Rahmenbedingungen für ein individualisiertes Lern- und Förderklima an unseren Schulen. Renaissance der Paukschule?
Von universitärer Pädagogik ist Bildungspolitik gleich welcher Couleur anscheinend kaum noch zu beeinflussen. Von daher gewinnen naturwissenschaftlich fundierte Einsichten über Lernprozesse nicht nur an diskursiver, sondern eventuell sogar an bildungspolitischer Wirksamkeit. Folgt man den Erkenntnissen Roths und anderer "neuropädagogischer" Hirnforscher, so wird es offenkundig auch in dieser Perspektive höchste Zeit, sich endlich wieder mit Lernen und Unterricht zu beschäftigen, statt sich mit wiederkehrenden Stellschrauben-Drehungen an der oberflächlichen Konditionierung von Schul- und Unterrichtswirklichkeit abzuarbeiten.
Bildungspolitik weiß im Prinzip, dass sie dieser Wirklichkeit äußerlich bleibt: Umso radikaler wird - um ein beliebtes Bild von Innovationsforschern zu zitieren - "von außen auf den Hühnerstall geschlagen", dies in der Hoffnung, dass wenigstens nicht alle aufgescheuchten und hochflatternden Tiere ihre alten Sitzstangen wieder finden. Gleichwohl scheinen bildungspolitische Erfahrungen, die die stark eingeschränkte Steuerbarkeit von Schulen über zentrale Fortbildungskampagnen, erlassförmige Steuerungsinstrumente oder kontrollierende "Schulbesuchswochen"/"Inspektionen" belegen, immer wieder neu gemacht werden zu müssen.
II. Qualitätsentwicklung - ein diskursiver Prozess
Schule sei nur diskursiv, unter Einbeziehung aller Beteiligten und mit langem Atem, nicht aber kurzfristig und direktiv zu verändern - diese schmerzliche Erfahrung der Ende der 60er Jahre gescheiterten Curriculum-Technokraten führte Anfang der 70er Jahre zu einer lebendigen, bildungspolitisch aber wenig handlichen Reformdiskussion.
Eine der bildungspolitisch interessantesten Reformideen war damals das Konzept, in Regionalen Pädagogischen Zentren staatliche Steuerungsansprüche mit der - auch regionalen - Vielfalt pädagogischer Wirklichkeiten im Gegenstromprinzip von Zentralität und Dezentralität, also in einer diskursiven Verbindung von kollegialer Selbstorganisation und zentral gesteuerten Zielvorgaben zu vermitteln.
Die Bildungskommision des Deutschen Bildungsrates hatte dieses Konzept 1973 vor dem Hintergrund scheiternder Curriculumreformen mit der Forderung nach Einrichtung eines flächendeckenden Netzwerks von Regionalen Pädagogischen Zentren konkretisiert[1]: “Eine Curriculumreform, die Lehrern die Rolle von Abnehmern und Anwendern fremdentwickelter Produkte zuweist, macht ihre eigentlichen Träger zu Objekten. Unterrichtssituationen können nur von den am Unterricht Beteiligten verändert werden; ihre Motivation und ihr Problembewußtsein, ihre Kompetenz und Veränderungsbereitschaft sind unverzichtbar.” (A.a.O. S. 2) Knut Nevermann und Botho Priebe schrieben hierzu 1987: “Wenn man sich diese Begründungszusammenhänge der Bildungskommission vor Augen führt, so wird auch 15 Jahre später deutlich, daß es der Bildungskommission darum ging, (...) einen Begriff der Curriculum-Entwicklung zu entfalten, der wesentlich durch den Begriff der Offenheit und der Beteiligung der Betroffenen definiert wird. Dies alles führt notwendigerweise zu dezentralen Institutionalisierungsvorschlägen"[2].
In der abflauenden Konjunktur für Bildungsreformen konnten sich diese Vorschläge seinerzeit nicht durchsetzen. Es blieb bei der Einrichtung zweier Modellversuche - Bad Kreuznach und Aurich - ohne flächendeckende Konsequenzen. Die regionalen Wirkungen dieser Modellversuche waren dafür umso prägender.
Das 1975 durch Beschluß der Landesregierung[3] eingerichtete RPZ Aurich gewann in den weniger als drei Jahren seiner Existenz soviel Rückhalt in der Region, dass ein 1978 gefaßter Auflösungsbeschluss nach massiven Protesten durch eine Auffanglösung, die Einrichtung des KBZ in der Trägerschaft der Ostfriesischen Landschaft, abgemildert werden konnte.[4]
Trotz anfänglicher Skepsis der regionalen Lehrerschaft gegenüber dieser auch thematisch (und personell) reduzierten Auffanglösung schuf sich das KBZ in den ersten zehn Jahren seiner Vertragslaufzeit ein eigenständiges Profil, das nicht mehr - wie noch das alte RPZ - auf den Kontrast zu der inzwischen längst vergessenen technokratischen Reformperiode der späten 60er Jahre angewiesen war. Der am 20. September 1989 unterzeichnete (inzwischen verlängerte) zweite Zehnjahresvertrag sicherte dem KBZ eine solide Finanzierung und erweiterte Aktivitätsspielräume über den regionalen Themenhorizont hinaus. Diese wurden schnell genutzt, steigerten die Akzeptanz und ließen unter Kultusminister Wernstedt 1993 schließlich die (Re)Integration der Lehrerfortbildung in die nun wieder RPZ genannte Einrichtung als notwendigen und folgerichtigen Schritt zur Wiederbelebung der mit dem “alten” RPZ begründeten spezifischen regionalen pädagogischen Kultur erscheinen. “Regionalität” bedeutet hier inzwischen nicht mehr nur einen administrativen Zuschnitt, sondern eine positive Handlungsorientierung (“Global denken, regional handeln!”).
Offenkundig hat diese Reformidee auch außerhalb des RPZ-Kontextes nichts von ihrer Aktualität eingebüßt: Der Programm-Flyer zum erfolgreichen, 2003 ausgelaufenen und jetzt als "Transferprogramm" in die Fläche gehenden BLK-Modellversuchs "Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts" (SINUS) formuliertdie dahinter stehende Einsicht wie folgt: "Erfahrungen früherer Modellversuche zeigen, dass Veränderungen im Unterrichtsgeschehen nur dann Bestand haben, wenn sie von den Lehrkräften angenommen und erfolgreich in eigene Handlungsroutinen eingebaut werden können. In diesem Modellversuchsprogramm entwickeln Lehrkräfte ihren Unterricht eigenverantwortlich, aber mit wissenschaftlicher Unterstützung weiter" - organisiert in regionalen Netzwerken!
Diesem grundlegenden Konzept ist das RPZ Aurich bis heute vertraglich und in seiner konkreten Arbeit verpflichtet: Viele bildungspolitische Initiativen des Landes, zuletzt das Sprachförderungsprogramm für Kindergärten und Grundschulen, wurden in Ostfriesland erst durch die kreative regionale Verstärkung über das RPZ in den Schulen verankert.
Von daher ist es sinnvoll, noch einmal ein paar grundsätzliche Anmerkungen zur Funktionsweise eines RPZ zu machen:
III. Die Organisation regionaler Diskurse, oder: Wie funktioniert(e) das RPZ Aurich?
Über die im RPZ arbeitenden Gruppen, über die Veranstaltungen der Lehrerfortbildung, über Tagungen und über die Nutzer der Bibliothek erreicht das RPZ rechnerisch jeden der 5500 ostfriesischen Lehrer mehr als eineinhalb Mal pro Jahr.
Im RPZ und durch das RPZ treffen sich somit im Jahr Tausende Lehrerinnen und Lehrer aus allen Teilen Ostfrieslands und den benachbarten Regionen, aus allen Schulformen und Schulstufen und aus allen Altersgruppen - vom Referendar bis zum Pensionär. Die ermüdende Routine gemeinsam gealterter Kollegien kann hier gar nicht erst entstehen. Dazu kommt das gastfreundliche Klima, das durch die Räume und vor allem auch durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des RPZ geschaffen wird.
Kurz gesagt: Nach den Erfahrungen des RPZ ist die Vorbedingung für Innovationen in der Schulentwicklung zunächst einmal ein kreatives Klima, in dem veraltete Routinen nicht durch Erlasse, Verordnungen und Kontrollen, sondern durch Anregungen und neue Erfahrungen aufgebrochen werden.
In diesem Sinne wurde das RPZ zu einem Zentrum für kreative Innovationen in der regionalen Schulentwicklung, die stärker als bisher zum selbstverständlichen Bestandteil von Regionalentwicklungspolitik werden sollte. Das RPZ hat seine Innovationsfunktion immer in dieser regionalen Perspektive gesehen, obwohl es niemandem etwas verordnen oder vorschreiben konnte und wollte. Es konnte und kann nur anregen, unterstützen, professionalisieren, was die Schulen, was die Lehrerinnen und Lehrer in unserer Region selbst in die Hände nehmen wollen. Und das ist sehr viel:
In den Schuljahren 2002/2003 und 2003/2004 waren im RPZ insgesamt, also unter Einschluss der Untergruppen und Projektgruppen, 22 Arbeits- und Gesprächskreise mit annähernd 300 ehrenamtlich und freiwillig mitarbeitenden Lehrerinnen und Lehrern tätig. Geleitet wurden diese Gruppen von insgesamt 31 Lehrerinnen und Lehrern aller Schulformen. Alle diese Gruppen sind zugleich auch in der Lehrerfortbildung oder in der Organisation großer Tagungen des RPZ aktiv, beschränken ihre Arbeit also nicht auf einen geschlossenen Teilnehmerkreis.
Zusätzlich bilden sich außerhalb des vom Bildungsausschuss, dem parlamentarischen Aufsichtsgremium der Ostfriesischen Landschaft, beschlossenen Arbeitsplans als Folge der etwa 200 Fortbildungsveranstaltungen pro Jahr immer wieder spontan auch informelle Gruppen, die ein Projekt für eine bestimmte Zeit bearbeiten, sich dann auflösen, ggf. auch bestehenden Arbeits- und Gesprächskreisen anschließen oder selbst die "offizielle" Einrichtung als RPZ-AK oder -GK beantragen.
Somit bleiben auch viele Fortbildungsveranstaltungen keine einmalige Angelegenheit, sondern stabilisieren sich in wiederkehrenden Tagungen und Projekten fester Netzwerke. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist das eben erwähnte ostfriesische Modell der Sprachförderung in Kindergärten und Grundschulen, für das das RPZ über die Lehrerfortbildung schon frühzeitig mehr als ein Dutzend Multiplikatoren ausgebildet hat und so eine flächendeckende Betreuung garantieren kann. In anderen Regionen bemühen sich bis heute ein bis zwei noch in der Ausbildung durch das NLI befindliche Multiplikatoren, der aktuellen Nachfrage gerecht zu werden.
Das oberste Funktionsprinzip des RPZ besteht also darin, dass es den Lehrerinnen und Lehrern Ostfrieslands maßgeschneiderte Arbeitsformen - von der einmaligen Fortbildungsveranstaltung bis hin zum festen Arbeitskreis - bietet, in denen sich vielfältigste Eigeninitiativen flexibel, unbürokratisch und entlastet von allen organisatorischen Problemen entfalten können.
Von den 2003/04 eingerichteten "offiziellen" Arbeits- und Gesprächskreisen sind schwerpunktmäßig jeweils die Hälfte nach schulformübergreifenden Themenbereichen oder nach Schulformen bzw. Schulstufen organisiert. Der Flexibilität in den Arbeitsformen entspricht also auch inhaltlich ein sehr breit gestreutes Spektrum von Arbeits- und Projektthemen, die im RPZ kontinuierlich behandelt werden.
Abgestimmt auf die besonderen Interessen und Probleme der Schulen in unserer Region, aber auch in sofortiger Reaktion auf landesweit aktuelle Probleme der Schulentwicklung, finden die unterschiedlichsten Inhalte im RPZ sofort ein Forum und Unterstützung: durch Information, Literaturversorgung und Beratung, durch Kontaktvermittlung und Fortbildung, durch Ermutigung und praktische Hilfen.
Das RPZ als Institution bietet die Chance, schulische Probleme konstruktiv anzupacken und nicht nur darüber zu reden und zu warten, bis sich "was tut". Diese Chance wird genutzt; sie zu bieten, stellt aber auch hohe Anforderungen an die "Offenheit" der Institution. Und genau hierin lag und liegt die Attraktivität des RPZ. Es verstand und versteht sich als Fortbildungs-, Dienstleistungs-, Kommunikations- und Begegnungszentrum, das gut motivierten und freiwillig mitarbeitenden Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeiten verschafft, innovative Vorstellungen zur Veränderung von Schule und Unterricht zu diskutieren, schriftlich zu fixieren, zu verbreiten und in Anpassung an regionale Gegebenheiten gemeinsam umzusetzen.
Anreize, solche Möglichkeiten zu nutzen, sind nun jedoch nicht nur abhängig von den Themen und Problemen, die engagierte Lehrerinnen und Lehrer sowie die Bildungspolitik an das RPZ herantragen. Sie liegen auch in der "Organisationsphilosophie" einer Einrichtung, die für solche Initiativen Offenheit zeigen muß.
IV. Beispiel Schulprogrammentwicklung: ModeratorInnen aus der Region, für die Region!
Im Rahmen einer sechsteiligen RPZ-Fortbildungsreihe wurden 1998/99 20 Kolleginnen und Kollegen verschiedener berufsbildender Schulen Ost-Frieslands von dem Unternehmensberater Gerhard Regenthal und von dem Leiter der Steinwaldschule Armin Lohmann zu CI-Beratern ausgebildet.
Schwerpunkte der Ausbildung waren:
- Akzeptanzbildung: Wie kann man einen CI-Prozess beginnen? – Umgang mit Widerstand
- Schule als soziales System
- Gesprächsführung und Konferenzleitung in der Schule
- Konfliktmanagement – Selbst- und Zeitmanagement
- Konzepte zum Erscheinungsbild und Design einer Schule (Corporate Design)
- Praxisprobleme der Organisations- und Schulprogrammentwicklung
Von Netzwerkbildung wird viel geschrieben, selbstorganisierte regionale Verbundsysteme von Schulen sind gleichwohl äußerst selten. Umso bemerkenswerter: Ein Netzwerk von Berufsschulen der ostfriesischen Halbinsel hat schon1999 seine erste Bewährungsprobe erfolgreich bestanden! Ein Jahr vorher war per schriftlicher Vereinbarung ein Fortbildungsverbund gebildet worden, um insgesamt 20 KollegInnen von Gerhard Regenthal und Armin Lohmann zu "CI-BeraterInnen" trainieren zu lassen. Die Organisation übernahm das RPZ. Im November 1999 wurde diese Qualifizierungsmaßnahme mit den mündlichen Abschlussprüfungen und der Abgabe einer Hausarbeit über eigene Schulentwicklungsmaßnahmen abgeschlossen.
Das Methodeninventar dieses pragmatischen, ergebnisorientierten Organisationsentwicklungsansatzes von Gerhard Regenthal hat sich im Markt der Unternehmensberatungen gut positionieren können und ist zuerst bei den wirtschaftsnahen BBS'en auf große Resonanz gestoßen. Die IGS Steinwaldschule in Nordhessen hat diesen Ansatz als Modellschule des Landes Hessen genutzt und weiterentwickelt.
Schulen können von diesem Ansatz nicht nur, wie oft unterstellt wird, für ihre Außendarstellung ("Corporate Design") profitieren. Die Stärken des Corporate Identity-Ansatzes liegen gerade in einer ausgeklügelten Methodik der systemischen Organisationsentwicklung, die bis in das Training von Moderationstechniken sowie Konferenz- und Gesprächsstrategien hineinreicht. In der Wirtschaft bewährte Management- und Personalentwicklungsmethoden werden dabei an die spezifischen Konstellationen und Traditionen des öffentlichen Schulwesens angepasst: Den Schulen wird nichts übergestülpt!
Der Sinn dieser Trainingsmaßnahme lag zum einen in der weiteren Qualifikation von Führungskräften der beteiligten Schulen für eigene Vorhaben der Schul(programm)-entwicklung, zum anderen im Aufbau eines regionalen BeraterInnen- und ModeratorInnen-Pools. Auf diesen Pool können die beteiligten Schulen jetzt kostenfrei zurückgreifen. Andere Schulen müssen sich mit den Kolleginnen und Kollegen individuell über die Kosten verständigen.
Mit diesem Angebot sollte in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden. Es ist aber auch denkbar, dass die ModeratorInnen einzelne Schulen über einen längeren Zeitraum in der Schul(programm)entwicklung begleiten.
V. Die Organisationsphilosophie des RPZ
Die zentralen Elemente, die das Funktionieren und die Akzeptanz des RPZ sichern, lassen sich in wenigen Punkten als permanenter institutioneller Aufgabenkatalog benennen:
1. Es ist immer wieder von neuem ein Mischungsverhältnis von professioneller Beratung und selbstorganisierter Arbeit zu finden, in der die hauptamtlichen Kräfte als Katalysatoren für die Arbeitsergebnisse und die Motivation der Arbeits- und Gesprächskreise sowie der in der regionalen Lehrerfortbildung tätigen Kolleginnen und Kollegen wirken.
2. Im RPZ muß ein Kommunikations- und Begegnungsklima aufrechterhalten werden, in dem die Beteiligten, also vor allem die Mitglieder der RPZ-Arbeits- und Gesprächskreise, aber auch die vielen, das RPZ als Tagungsort nutzenden Fortbildungskurse und "freien" Gruppen sowie die jährlich bis zu 4000 Besucher der Bibliothek, offen bleiben für kreative Begegnungen. Ein Schulklima mit verfestigten und überraschungslos eingespielten Rollensystemen könnte dies nicht leisten.
3. Durch Auswahl und Motivation der RPZ-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Leitung der RPZ-Arbeits- und Gesprächskreise, hauptamtliches Personal) muß für ein Betriebsklima, eine "corporate identity", gesorgt werden, die ihre Ausstrahlung nicht aus formaler Autorität und Zuständigkeit ableiten, sondern auf problemlösendem Verhalten und Teamfähigkeit aufbauen.
4. Die Legitimation und Kontrolle dieser Arbeit muß durch Aufsichtsgremien gesichert werden, die ihrerseits kommunikativ, d.h. parlamentarisch, organisiert sind (Bildungsausschuß der Ostfriesischen Landschaft und "Regionalkonferenz" für den RPZ-Bereich "Regionale Lehrerfortbildung").
Resümee
Während es sich allmählich herumgesprochen hat, dass Verwaltungshandeln heute zunehmend auf den Konsens, auf das "Mitmachen" und das eigenständige Engagement seiner Adressaten angewiesen ist, fehlt es immer noch an überzeugenden Konkretionen für den in Wissenschaft und Politik beschworenen "aktivierenden Staat". Dieser sollte an den Schnittstellen von Verwaltung und gesellschaftlichem Handeln professionalisierte, gleichwohl flexible und produktive Kooperationsformen sicherstellen. Bisher wird die schwindende Effizienz der traditionellen wohlfahrtsstaatlichen "Leistungsverwaltung" bei knapper werdenden öffentlichen Mitteln durch vergleichsweise banale neoliberale "Privatisierungen" oder "Deregulierung" bei gleichzeitiger zentralisierter Output-Steuerung nur noch potenziert - bis an den Rand der Verwahrlosung öffentlicher Räume. Der öffentliche Sektor sollte stattdessen durch neue Formen einer "schlanken" Dienstleistungsverwaltung, die "freischwebende" gesellschaftliche Potentiale zu aktivieren versteht, gestärkt werden. Auch das schulische Wechselspiel von Autonomisierung und zentralisierter Kontrolle wird nicht ohne aktivierende und beratende Unterstützungssysteme funktionieren. Insofern bleibt das Konzept Regionaler Pädagogischer Zentren aktuell.
[1] “Empfehlungen ... zur Förderung praxisnaher Curriculum-Entwicklung”, Bonn: Bundesdruckerei, 1973
[2] In: Braun/Wunder (Hrsg.): Neue Bildung - Neue Schule. Wolfgang Klafki zum sechzigsten Geburtstag.
Weinheim/Basel 1987, S. 163.
[3] Nds. Mbl. Nr. 39/1975, S. 1336
[4] Vertrag des Landes Niedersachsen (...) und der Ostfriesischen Landschaft über die Zusammenarbeit bei der
Einrichtung und Unterhaltung eines Ostfriesischen Kultur- und Bildungszentrums vom 1. März 1979.